SIMU – das Simulationszentrum der Masaryk Universität
Ein Krankenhaus ohne Patient:innen? Willkommen im SIMU, dem Simulationszentrum der Medizinischen Fakultät der Masaryk-Universität in Brünn!
Stellen Sie sich ein hochmodernes Krankenhaus vor – mit Notaufnahme, OP-Sälen, Intensivstation, Zahnarztpraxis, Helikopterlandeplatz und eigenem Rettungswagen. Auf über 8.000 m² und fünf Stockwerken wird hier untersucht, operiert, reanimiert – nur echte Patient:innen sucht man vergeblich.
Denn im SIMU sind alle „Patient:innen“ Simulationsfiguren: von High-Fidelity-Puppen über VR-Avatare bis hin zu professionellen Schauspieler:innen.
Sie ermöglichen ein praxisnahes, sicheres Training – vom gezielten Skills-Training bis zum interdisziplinären Teamtraining. Fehler dürfen passieren – und werden hier zur wertvollen Lernchance. Damit sie im echten Klinikalltag nicht passieren.
Von der Idee zum Vorzeigeprojekt: Die Entstehung von SIMU
Die Vision für SIMU entstand 2014: ein voll ausgestattetes, simuliertes Krankenhaus als eigenständiges Ausbildungszentrum innerhalb der Masaryk Universität. Ziel war es, einen Ort zu schaffen, an dem medizinische Simulation nicht als Zusatz, sondern als integrativer Bestandteil des Studiums verankert ist – methodisch, didaktisch und strukturell. Simulation sollte nicht länger eine Nische für Spezialisten sein, sondern ein flächendeckendes Trainingsinstrument für alle Studierenden der medizinischen Fakultät.
Bis zur Realisierung war es ein weiter Weg. Die Planung des Großprojekts nahm mehrere Jahre in Anspruch, begleitet von intensiver Recherche und engem Austausch mit internationalen Simulationszentren. Die Umsetzung erforderte eine enge Zusammenarbeit zwischen Expert:innen aus Architektur, Medizin, Forschung, Technik und Universität. Gefördert durch den European Structural and Investment Funds wurde das Zentrum bis Sommer 2020 fertiggestellt – ein ambitioniertes Projekt, das heute als europäisches Vorzeigemodell für medizinische Simulation gilt.
Simulation als integrativer Teil des Curriculums
Schon im ersten Jahr zählte SIMU rund 3.000 Studierende – heute sind es jährlich bis zu 6.000. Die wachsenden Zahlen belegen: Simulation hat sich als fester Bestandteil des Medizinstudiums an der Masaryk Universität etabliert. Lehrmethodisch setzt SIMU auf aktive Beteiligung statt Frontalunterricht: In Gruppen, durch Eigeninitiative und in praxisnahen Übungen eignen sich Studierende Inhalte selbstständig an. Statt klassischer Seminarräume bietet das Zentrum offene Lernräume, die Interaktion, Austausch und gemeinsames Arbeiten fördern – Lernen durch Handeln steht im Fokus.
Dieser moderne Ansatz spiegelt sich auch im Curriculum wider: Von Semester 1 bis 6 werden viele medizinische Fächer direkt im Simulationszentrum unterrichtet. Praxisnahe Studiengänge wie die Intensivpflege absolvieren dabei bis zu 80 % der Lehrzeit an SIMU. Die Inhalte der Trainings entwickeln Professor:innen und Simulationsexpert:innen gemeinsam – passgenau abgestimmt auf den Studienplan. So ergänzen sich Theorie und Praxis ideal und machen das Simulationszentrum zu einem zentralen Ort medizinischer Aus- und Weiterbildung.
Die technische Seite der Simulation
Damit Studierende und Lehrende den maximalen Nutzen aus dem Training ziehen, setzt SIMU auf videobasierte Recording- und Debriefing-Systeme von SIMStation. Zum Einsatz kommen individuell konfigurierte AV-Lösungen – stationär wie mobil –, die eine effiziente Steuerung, Übertragung und Nachbesprechung der Simulationen ermöglichen. Die technische Planung erfolgte durch AV Media Experts, die Installation durch die AVT Group. Die internationale Anerkennung spricht für sich: 2022 wurde das Projekt mit dem GPA Excellence Award ausgezeichnet, 2023 folgte die Nominierung für den Inavation Award.
Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht die Dimension:
- 25-köpfiges Technikteam, darunter 3 AV-Spezialist:innen, betreut den laufenden Betrieb.
- 56 Simulationsräume, 11 Kontrollstationen, 7 Debriefingräume und 1 mobile SIMStation Control Unit stehen zur Verfügung.
- Drei SIMStation Produktlinien im Einsatz: SIMStation Enterprise, Pro und Essential – alle mit SIMStation Software 6.0.
- Zentrale Serverinfrastruktur inkl. eigenem Serverraum und 6 dedizierten Audio-Servern.
- Ausstattung: 11 PTZ- und 48 IP-Kameras, 32 Grenzflächenmikros, 28 Funkmikrofone, 14 Media Screens, VoIP-Telefone, digitale Lautsprecher, Patientenmonitore.
- Weitere Highlights: 24 Highfidelity-Puppen, über 13 Simulationsbetten, 14 VR-Simulatoren, Rettungswagen- und CT-Simulatoren.
SIMU ist konsequent auf dem neuesten Stand – technisch wie didaktisch. Die Ausstattung wird laufend erweitert und modernisiert. Ein Beispiel: Noch vor dem offiziellen Release wurde 2022 die neue SIMStation Software 6.0 erstmals bei SIMU implementiert – als Teil eines kontinuierlichen Innovationsprozesses.
Fazit: Simulation institutionalisieren
SIMU versteht sich nicht nur als Simulationszentrum, sondern als Treiber für Innovation im Bereich medizinischer Ausbildung. Ziel ist es, Simulation nicht als Ergänzung, sondern als integralen Bestandteil des Curriculums zu etablieren – methodisch, strukturell und international gedacht.
Pflicht und Praxis vereint
An der Masaryk Universität ist Simulation fester Bestandteil des Medizinstudiums. Alle Studierenden absolvieren verpflichtende Trainings – unabhängig vom Fachbereich. Theorie und Praxis greifen ineinander, durch enge Zusammenarbeit zwischen SIMU und den Lehrstühlen der Universität.
Vernetzt, forschungsstark, zukunftsweisend
Als europäisches Best-Practice-Zentrum berät SIMU internationale Projekte, empfängt Delegationen aus aller Welt und fördert aktiv den Austausch durch englischsprachige Programme und internationale Residency-Modelle.
Simulation weiterdenken
Mit dem 2022 gestarteten PhD-Programm „Healthcare Simulation“ wird das Thema auf wissenschaftlicher Ebene verankert. Know-how, Methoden und Wirkung von Simulation werden damit gezielt weitergegeben – ein strategischer Schritt, um das Potenzial simulationsbasierter Ausbildung auch an anderen Institutionen zu etablieren.
Ein Modell für Europa
SIMU steht für ein visionäres Verständnis von medizinischer Ausbildung – und zeigt, wie Simulation zur tragenden Säule der Qualitätssicherung werden kann. Nicht nur eine herausragende Bildungseinrichtung, sondern ein europäisches Vorzeigeprojekt mit internationaler Strahlkraft.